Saarbrücker Zeitung, 27.09.2010 // Ressort: Wirtschaft / Verfasser: Von SZ-Redaktionsmitglied Sophia Schül
Tagung in Saarbrücken plädiert für eine Neuordnung der Wirtschaftswelt
Mehr weibliche Tugenden im Wirtschaftsleben könnten Krisen effektiver verhindern, so lautete eine These auf der Tagung zu „Frauen und Wirtschaft“ am Wochenende in Saarbrücken.
Saarbrücken. „Frauen wirtschaften anders?!“, so lautete das Thema einer Tagung im Saarbrücker Schloss, bei der am Wochenende Referentinnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Finanzwesen die Rolle von Frauen in der Wirtschaft – auch mit Blick auf die Finanzkrise – diskutierten.
Die Ökonomin Adelheid Biesecker aus Bremen trat gleich zu Beginn für eine weiblichere Perspektive in der Wirtschaft ein. Ihrer Meinung nach ist das bestehende Wirtschaftssystem nicht zukunftsfähig, es werde immer neue Krisen produzieren: „Die zentralen Fehler sind Maßlosigkeit und Sorglosigkeit“, sagte sie auf der Tagung. Ein anderes Wirtschaftssystem, eines mit Zukunft, sieht Biesecker durch drei Handlungsprinzipien entstehen: Vorsorgen statt Nachsorgen, Kooperieren statt Konkurrieren und Orientieren am für das gute Leben Notwendigen. Hier setzt an, was die Expertin für feministische Ökologik unter der „Perspektive Frau“ versteht: „Die Handlungsprinzipien sind Bereiche, in denen Frauen jahrhundertelang Erfahrung gesammelt haben.“ Für ein geändertes Wirtschaftssystem forderte Biesecker zudem eine geschlechtergerechte Umverteilung der Arbeit zwischen Mann und Frau.
Einen Umbau des Wirtschaftssystems forderte auch die Bonner Soziologin Christa Wichterich, die das Konzept für die Zukunft ebenfalls in einer veränderten Arbeitsverteilung, zusätzlich aber auch in einer veränderten Arbeitsbewertung sieht: „Die Frauen müssen in der Erwerbsarbeit und die Männer in der Sorgearbeit gleichgestellt werden“, erklärte sie vor den fast ausnahmslos weiblichen Tagungsteilnehmern. Den Kita-Streik des vergangenen Jahres begreift die Soziologin in diesem Zusammenhang als Chance, dass die Gesellschaft die meist von Frauen geleistete Betreuungsarbeit als systemrelevant und gesellschaftserhaltend wahrnehme. Wichterich skizzierte zudem ihren Blick auf die Geschlechterbilder und wie sie durch die Wirtschaftskrise neu gezeichnet wurden: „Der Fokus lag während der Krise auf den Männern – als Opfer und als Schuldige“, sagte sie und fügte an, dass immer mehr Frauen die Rolle der Zuverdienerin gegen die der Familienernährerin tauschen.
Die öffentliche Tagung fand im Rahmen der diesjährigen Bundeskonferenz der 16 Landesfrauenräte statt.